Ich biete Ihnen kompetente bundesweite Strafverteidigung in allen Gebieten des Strafrechts.

Isabelle Gronemeyer, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht

Verurteilung nach Beleidigung von Polizeibeamten in Stuttgart

Am 30. April 2024 entschied das Landgericht Stuttgart über einen Fall, der Fragen zur Meinungsfreiheit und dem Schutz der persönlichen Ehre aufwirft. Ein 25-jähriger Student wurde wegen Beleidigung zweier Polizeibeamten verurteilt. Das Urteil mit dem Aktenzeichen 12 Cs 148 Js 130025/23 bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart vom Januar desselben Jahres. In diesem Blogartikel wollen wir, die Kanzlei Gronemeyer aus Essen, den Hintergrund des Falles und die Entscheidung des Gerichts ausführlich beleuchten.

 

Die Beleidigung und die Hintergründe

Der Angeklagte, ein 25-jähriger Student, geriet im Oktober 2023 in den Fokus der Justiz. An einem Abend gegen 20:50 Uhr, wurden zwei uniformierte Polizeibeamte aufgrund eines Notrufs zu einem Platz in Stuttgart gerufen. Dort sollte sich eine alkoholisierte und störende Person aufhalten. Die Polizisten begaben sich zu der genannten Örtlichkeit und begegneten auf dem Weg dorthin dem Angeklagten. 

Ohne erkennbaren Grund sagte der Student in normaler Lautstärke, aber deutlich hörbar für die umstehenden Passanten: „Da ist ja wieder der Rassistenverein.“ Diese Bemerkung war gezielt an die beiden Beamten gerichtet. Die Polizisten fühlten sich durch diese Aussage in ihrer Ehre verletzt und leiteten eine Personenkontrolle gegen den Studenten ein. Der ursprüngliche Grund ihres Einsatzes, die alkoholisierte Person, konnte nicht mehr angetroffen werden, sodass der Einsatz abgebrochen wurde.

Die Aussage des Studenten war nicht die erste seiner Art. Bereits in der Vergangenheit war er strafrechtlich in Erscheinung getreten und wurde wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verurteilt.

 

Vor Gericht verteidigte sich der Student damit, dass seine Äußerung eine Kritik an den rassistischen Strukturen innerhalb der Polizei sei. Er führte verschiedene Quellen und Studien an, die rassistische Vorfälle innerhalb der Polizei belegen sollten. Beispielsweise verwies er auf einen Bericht des SWR, wonach über 130 Polizisten in Baden-Württemberg in den letzten vier Jahren unter dem Verdacht standen, rechtsextrem zu sein. Des Weiteren nannte er eine Studie des Deutschen Zentrums für Integration und Migrationsforschung, die Diskriminierung und Rassismus bei der Polizei dokumentiert.

Der Student argumentierte, dass seine Aussage keine Beleidigung, sondern eine berechtigte Kritik an der Polizei als Institution sei. Er betonte, dass Polizisten in Uniform nicht als Privatpersonen, sondern als Vertreter einer Behörde agieren und daher auch als solche kritisiert werden können.

 

Urteil des Landgerichts Stuttgart

Das Landgericht Stuttgart musste in seiner Entscheidung zwei zentrale Fragen klären: Handelte es sich bei der Äußerung „Da ist ja wieder der Rassistenverein“ um eine straflose Kollektivbeleidigung? Und wenn nein, überwog in diesem Fall die Meinungsfreiheit des Angeklagten das Persönlichkeitsrecht der Beamten?

Das Gericht entschied, dass die Aussage des Studenten keine straflose Kollektivbeleidigung darstellt. Es argumentierte, dass der Student seine Bemerkung zielgerichtet und individualisiert gegenüber den beiden Polizeibeamten getätigt habe. Die Aussage war nicht allgemein an die Institution Polizei gerichtet, sondern explizit an die beiden Beamten, die er direkt anblickte und ansprach. Damit war die Äußerung als individuelle Beleidigung und nicht als allgemeine Kritik an der Polizei zu werten.

In der Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht der Beamten kam das Gericht zu dem Schluss, dass das Persönlichkeitsrecht der Polizisten überwiegt. Zwar sei die Meinungsfreiheit ein hohes Gut, doch in diesem Fall gab es keine sachliche Grundlage für die Äußerung des Angeklagten. Die Polizisten waren nicht aufgrund rassistischer Handlungen vor Ort, sondern wegen eines Notrufs. Es gab keine Anhaltspunkte, die eine Kritik in dieser Form rechtfertigen würden.

Die Bezeichnung „Rassistenverein“ sei eine schwerwiegende Ehrverletzung und daher nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Das Gericht stellte klar, dass die Äußerung des Studenten in diesem Kontext nicht hinnehmbar sei und die Grenze zur Ausübung der Meinungsfreiheit überschritten habe.

 

Letztlich bestätigte das Landgericht Stuttgart das vorhergegangene Urteil des Amtsgerichts und verurteilte den Studenten zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen a 20 Euro.

 

Dieser Fall zeigt, wie komplex das Zusammenspiel von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten sein kann. Während Kritik an staatlichen Institutionen grundsätzlich erlaubt ist, müssen auch die individuellen Rechte der betroffenen Personen gewahrt bleiben.

Rechtsanwältin Gronemeyer aus Essen steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Strafrecht zu verstehen und Sie bei strafrechtlichen Fragen unterstützen.

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 30. April 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.

 

Strafverteidigern & Rechtsanwältin

Werdegang

Zur Person & Rechtsanwältin Isabelle Gronemeyer

Isabelle Gronemeyer (Strafverteidigung Essen)
Studium
  • 2006-2010 Studium der Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum mit Schwerpunktbereich Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie
  • 2011 Erstes Staatsexamen am OLG Düsseldorf
Referendariat
  • 2011-2013 Landgerichtsbezirk Bochum
  • Arzthaftungskammer (Zivilstation)
  • Staatsanwaltschaft Bochum
  • Kreispolizeibehörde Mettmann (Verwaltungsstation)
  • Anwaltsstation bei renommierter Kanzlei für Strafverteidigung
  • Staatsanwaltschaft Bochum, Dezernat für Kapitaldelikte (Wahlstation)
Anwaltschaft
  • 2013 Zweites Staatsexamen am Justizministerium NRW
  • 2013 Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  • 2014 Rechtsanwaltskanzlei Isabelle Gronemeyer
  • 2017 Fachanwältin für Strafrecht
  • Mitglied im FORUM Junge Anwaltschaft des Deutschen Anwaltvereins

Im Notfall

Hier finden Sie erste Verhaltenstipps bei Durchsuchung und Beschlagnahme oder Festnahme. Sie geraten in eine äußerst belastende Ausnahmesituation, wenn plötzliche Polizeibeamte vor Ihrer Tür stehen und Ihre Wohnung durchsuchen wollen oder Ihnen sogar einen Haftbefehl zeigen und Sie oder einen nahen Angehörigen auffordern mitzukommen. In derartigen Situationen ist zunächst wichtig: Keine Panik!

Bitte bewahren Sie Ruhe!

Bei Durchsuchungen:

Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss aushändigen und kontrollieren Sie, ob alle beschlagnahmten Gegenstände im Verzeichnis aufgelistet wurden! Sie haben das Recht, Zeugen/Zeuginnen hinzuziehen; machen Sie hiervon Gebrauch!

Bei Haftbefehlen:

Lassen Sie sich den Haftbefehl aushändigen!

Informieren Sie einen Strafverteidiger oder bitten Sie Ihre Angehörigen, einen Verteidiger für Sie zu kontaktieren!

Das Wichtigste: ohne anwaltlichen Rat unbedingt schweigen!
Sie haben (lediglich) die Pflicht, Ihre Personalien (Angaben im amtlichen Ausweisdokument) anzugeben - darüber hinaus müssen und sollten Sie keine Angaben machen!

Auch in der extremen Stresssituation einer Durchsuchung oder Verhaftung, denken Sie daran, dass Ihnen ein Schweigerecht zusteht! Machen Sie davon unbedingt Gebrauch und geben Sie keine Erklärungen irgendwelcher Art ab, ohne mit Ihrem Verteidiger Rücksprache gehalten zu haben! Sie haben jederzeit das Recht, sich an einen Strafverteidiger zu wenden.

Notfallnummer: 0172-5278311(Hier bin ich auch außerhalb der Bürozeiten 24 Stunden am Tag für Sie erreichbar)

Kontakt

Kanzlei Gronemeyer

Huyssenallee 99-103

45128 Essen

Tel.: 0201 747 18 80

Fax: 0201 747 18 829

Email: ig@strafverteidigung-essen.com

ÖPNV

Mit öffentl. Verkehrsmitteln direkt bei Haltestelle Philharmonie, zu erreichen mit 101, 107, U11.

0201 747 18 80Bürozeiten Mo-Fr von 9.00-13.00 Uhr und Mo-Do 14-18 Uhr.