Erfahren Sie im heutigen Blogartikel der Kanzlei Gronemeyer aus Essen mehr über ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 5. September 2024 (Rechtssache C-603/22). Im Kern geht es dabei um die Bedeutung des Rechts auf Rechtsbeistand für minderjährige Verdächtige in Strafverfahren. Der Fall, der vor dem Rayongericht Słupsk in Polen verhandelt wurde, betraf drei Minderjährige, die beschuldigt wurden, unbefugt in eine ehemalige Ferienanlage eingedrungen zu sein.
Hintergrund des Falles
Im Dezember 2021 wurden drei minderjährige Jugendliche des mehrfachen unbefugten Betretens einer Ferienanlage in Polen beschuldigt. Bei der ersten Vernehmung im Januar 2022 wurden weder ihre Eltern informiert noch ihre Rechte auf Rechtsbeistand erläutert. Einem der Minderjährigen wurde die Anwesenheit seiner Mutter verweigert, und er erhielt lediglich ein kompliziertes Dokument mit allgemeinen Hinweisen. Während der Vernehmung legte er ein belastendes Geständnis ab. Ähnlich erging es den anderen beiden Jugendlichen.
Im Mai 2022 wurde Anklage erhoben und den Minderjährigen wurden Pflichtverteidiger bestellt. In der Verhandlung im August 2022 beantragten die Verteidiger, die vorgerichtlichen Aussagen wegen Verfahrensverletzungen auszuschließen. Das Gericht folgte diesem Antrag.
Der Fall landete letztendlich im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof, da eine Verletzung von Europarecht geltend gemacht wurde; der EuGH legt dann in strittigen Fällen das betreffende Gesetz aus und setzt somit Leitlinien für die Interpretation des Europarechts in nationalstaatlichen Gerichten.
Entscheidung des EuGH: Klare Leitlinien für den Schutz von Minderjährigen
Der EuGH stellte klar, dass minderjährige Verdächtige in Strafverfahren ein Recht auf Rechtsbeistand haben, das spätestens vor ihrer ersten polizeilichen Befragung gewährleistet sein muss. Dieses Recht darf nicht davon abhängen, ob Eltern oder andere Vertreter anwesend sind. Wenn kein eigener Rechtsbeistand benannt wird, muss ein Pflichtverteidiger bereitgestellt werden.
Zudem müssen Informationen über die Rechte der Minderjährigen in einfacher und verständlicher Sprache vermittelt werden. Standardisierte Dokumente, die für Erwachsene verfasst sind, reichen dafür nicht aus. Der EuGH betonte, dass Minderjährige die Inhalte klar verstehen müssen, um ihre Rechte wahrnehmen zu können.
Das Gericht entschied außerdem, dass das Recht auf Rechtsbeistand nicht automatisch mit dem 18. Geburtstag endet, wenn das Verfahren noch läuft. Nationale Gerichte sind verpflichtet, alle Verstöße gegen diese Rechte zu berücksichtigen. Beweise, die unter Missachtung dieser Vorgaben erlangt wurden, dürfen nicht verwendet werden.
Fazit
Dieses Urteil unterstreicht die Rechte von Minderjährigen in Strafverfahren und die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, diese Rechte zu gewährleisten.
Auch für Minderjährige in Deutschland ist dieses Urteil relevant, da es zeigt, dass die Rechte von Kindern in Strafverfahren besonders geschützt werden müssen, um ein faires Verfahren zu gewährleisten.
Rechtsanwältin Gronemeyer aus Essen steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Strafprozessrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 05. September 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.