Lesen Sie in diesem Blogartikel der Kanzlei Gronemeyer aus Essen über eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) (Az.: 3 StR 189/24) einen Fall, der die mitgliedschaftliche Beteiligung einer IS-Rückkehrerin an einer terroristischen Vereinigung und die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht betraf. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die rechtlichen Konsequenzen der Beteiligung an terroristischen Vereinigungen und die damit verbundenen Pflichten gegenüber minderjährigen Kindern.
Hintergrund des Falles
Die Angeklagte, deutsche und algerische Staatsangehörige, reiste im März 2014 mit ihrer einjährigen Tochter ins syrische Bürgerkriegsgebiet. Bereits 2013 hatte sie das Kind zu ihrem Ehemann nach Syrien gebracht, der sich dem „Islamischen Staat“ (IS) angeschlossen und in der IS-Hochburg Rakka niedergelassen hatte. Nach ihrer Rückkehr schloss sich die Angeklagte dem IS an, führte den Haushalt und übernahm die ideologische Erziehung ihrer Kinder. Für ihre Loyalität erhielt sie finanzielle Unterstützung, die über ihren Ehemann ausgezahlt wurde.
Ab 2015 verschlechterte sich die Sicherheitslage in Rakka durch fortlaufende Luftangriffe. Nach dem Tod ihres Ehemanns durch einen Drohnenangriff erhielt die Angeklagte Witwengeld und Sachspenden. Ende 2015 heiratete sie einen verletzten IS-Kämpfer aus Tunesien und führte auch ihm den Haushalt, ließ sich jedoch 2017 nach tätlichen Übergriffen scheiden. Sie zog mit ihren mittlerweile drei Kindern in die IS-Hochburg Mayadin und kehrte im August 2017 schließlich in die Türkei zurück.
Während ihres Aufenthalts war sich die Angeklagte der Gefahren für ihre Tochter durch Krieg und Bombardierungen bewusst. Auch die Terroranschläge und Gräueltaten des IS waren ihr bekannt. Dennoch betrachtete sie sich als „Staatsbürgerin“ eines legitimen „islamischen Staates“ und befürwortete die auf der Scharia basierende Gesellschaftsordnung des IS.
Anklage und endgültige Klärung durch BGH
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg verurteilte die Angeklagte wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Das Gericht stellte fest, dass die Angeklagte durch ihre Aktivitäten den Bestand und die Entwicklung des IS förderte und gleichzeitig ihre Tochter erheblichen Gefahren aussetzte.
Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung, änderte jedoch den Schuldspruch dahingehend, dass die Angeklagte wegen einer einzigen Tat der mitgliedschaftlichen Beteiligung in Tateinheit mit der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht verurteilt wurde. Der BGH entschied, dass alle Betätigungen eines Mitglieds für eine terroristische Vereinigung grundsätzlich eine einzige Tat darstellen. Diese rechtliche Handlungseinheit umfasst auch solche Beteiligungsakte, die noch ein weiteres Strafgesetz verletzen.
Der BGH hob hervor, dass die Angeklagte durch ihre Mitgliedschaft und ihre Aktivitäten für den IS eine erhebliche Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellte. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren wurde aufrechterhalten.
Fazit
Dieser Fall zeigt, welche rechtlichen Konsequenzen die Beteiligung an terroristischen Vereinigungen haben kann und wie wichtig es ist, die Fürsorge- und Erziehungspflichten gegenüber minderjährigen Kindern zu wahren. Die Entscheidung des BGH verdeutlicht zudem, dass alle Aktivitäten eines Mitglieds einer terroristischen Vereinigung als eine einheitliche Tat betrachtet werden, was die rechtliche Handhabung solcher Fälle vereinfacht.
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Dieser Blogartikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. November 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.